Bergisches Saatgut

für Bergische Vielfalt

Welle

Vermehrung von Regiosaatgut

Das Interesse an regionalem Saatgut steigt aufgrund der seit März 2020 geltenden gesetzlichen Verpflichtung zur Verwendung von Regiosaatgut bei Ansaaten in der freien Landschaft, aber auch aufgrund der Möglichkeiten, die regionales Saatgut zur Wiederaufwertung artenverarmter Landschaftsräume bietet. So sind neben Naturschutzverbänden und Artenschutzinitiativen auch Städte und Kreise an der Verwendung des regionalen Saatgutes zur Umsetzung von Natur- und Artenschutzmaßnahmen interessiert. Aufgrund eines wachsenden Bewusstseins in der Bevölkerung für Umwelt- und Naturschutz möchten zudem viele Menschen auch in ihrem privaten Umfeld ihren Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt in Deutschland leisten und hierfür kleinere Mengen an regionalem Saatgut nutzen.

Um diesen steigenden Bedarf zu decken, wird in den verschiedenen Regionen Deutschlands Saatgut von Wildpflanzen gesammelt, bei Landwirten im Anbau weiter vermehrt und über Saatgutvertriebe zur Verfügung gestellt. Die Biologischen Stationen Mittlere Wupper, Rhein-Berg und Oberberg sowie der Naturpark Bergisches Land unterstützen dieses Vorhaben für die Region des Bergischen Landes im Rahmen des Projektes „Bergisches Saatgut für Bergische Vielfalt“.

Sammlung des Ausgangssaatgutes

Das Ausgangssaatgut wird von Wildpflanzen in ihren natürlichen Beständen gesammelt. Die Biologischen Stationen haben gemeinsam mit den Unteren Naturschutzbehörden und den Naturschutzverbänden der Städte Remscheid, Solingen und Wuppertal sowie des Rheinisch-Bergischen und Oberbergischen Kreises eine Liste der Wildkrautarten abgestimmt, von denen Saatgut gesammelt und vermehrt werden soll. Als Zielarten wurden dabei Arten ausgewählt, die auch den bei uns im Bergischen Land vorkommenden Grünlandtyp Glatthafer- und Wiesenknopf-Silgenwiesen (Lebensraumtyp 6510) prägen. Zudem spielten bei der Auswahl der Arten aber auch ihre Verbreitung in der freien Landschaft, die Erfahrungen im Anbau und die Vermarktungsmöglichkeiten eine Rolle.

Regionenkarte

Die natürlichen Bestände in denen gesammelt werden darf, wurden von den Biologischen Stationen zusammen mit den Unteren Naturschutzbehörden ausgewählt. Sie müssen neben einer Mindestanzahl der gewünschten Pflanzenart auch eine bekannte Historie aufweisen, um auszuschließen, dass es sich um eine Ansaat anstelle eines Wildbestandes handelt. Es werden an mehreren Sammeltagen möglichst viele verschiedene Pflanzen einer Art besammelt, um eine möglichst große genetische Bandbreite zu erhalten. Die Sammlung erfolgt nach dem Regelwerk des Verbandes deutscher Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten e.V. (VWW) und mit Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörden sowie unter fachkundiger Anleitung wissenschaftlicher Mitarbeiter der Biologischen Stationen. So ist gesichert, dass keine Bestände seltener Arten gefährdet werden.

Nach erfolgter Sammlung wir das Saatgut getrocknet und gereinigt und durch die Biologischen Stationen oder einen Saatgut-Vertrieb für die Aussaat weiter aufbereitet oder zwischengelagert.

Zwischenvermehrung bei den Biologischen Stationen

Falls von einigen Arten nur in geringen Mengen Saatgut gesammelt werden konnte, ist eine Zwischenvermehrung erforderlich, die derzeit die Biologischen Stationen übernehmen. Die Zwischenvermehrung einzelner Arten bei einem Landwirt ist prinzipiell auch möglich, wenn dieser den späteren Anbau übernehmen möchte.

Zur Zwischenvermehrung wird das Ausgangssaatgut in Saatschalen ausgesät, die kleinen Keimlinge werden dann in Multitopfplatten pikiert und schließlich in den Beeten der alten Stadtgärtnerei Solingen ausgepflanzt. Auch bei der Zwischenvermehrung halten sich die Biologischen Stationen an die Vorgaben des Verbandes deutscher Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten e.V. (VWW). So ist beispielsweise eine Mindestanzahl von 200 Pflanzen pro Art für eine Zwischenvermehrung vorgeschrieben, um den Erhalt der genetischen Vielfalt innerhalb einer Art zu gewährleisten.

Besondere Unterstützung findet das Projekt an dieser Stelle durch die Technischen Betriebe Solingen, die die Flächen in der alten Stadtgärtnerei Solingen gegen eine geringe Pacht zur Verfügung stellen sowie durch die AUFWIND gGmbH, welche die Zwischenvermehrung in 2021 finanziell unterstützte.

Anbau bei Landwirten der Region

Der eigentliche Anbau der Wildkräuter erfolgt bei Landwirten aus der Region. Regiosaatgut-Anbau ist Neuland für die meisten Landwirte, daher werden sie bei Anbau, Pflege und Ernte durch Experten eines Saatgut-Vertriebes beraten und durch die Biologischen Stationen unterstützt.

Zum Anbau sind hofnahe Flächen in einer Größenordnung von einem halben Hektar bis hin zu insgesamt ca. drei Hektar günstig. Je nach Art und vorhandener Saatgutmenge ist eine Direktsaat möglich oder es müssen Pflanzen vorgezogen werden. Die Bekämpfung von Unkräutern erfolgt überwiegend mechanisch, in seltenen Fällen wird bei bestimmten Arten auch die Verwendung von Herbiziden oder Fungiziden zugelassen. Die Ernte erfolgt je nach Art unterschiedlich. Manche Arten können beispielsweise mit dem Mähdrescher geerntet werden, andere nur von Hand oder mit einem speziellen Sauger. Die weitere Aufbereitung des Saatgutes kann von einem Saatgut-Vertrieb übernommen werden.

Der Anbau darf bis in die fünfte Tochtergeneration fortgeführt werden, dann muss erneut Saatgut von Wildbeständen gesammelt werden, damit aus den ursprünglichen Wildpflanzen keine Kulturpflanzen gezüchtet werden.

Weitere Landwirte zum Anbau gesucht!

Es werden weiterhin Landwirte zum Anbau unseres Regiosaatgutes gesucht. Sollten Sie Interesse am Mitwirken in diesem Projekt haben, können Sie gerne Kontakt mit uns aufnehmen.

Sammlung der Wiesen-Flockenblume in Remscheid
Sammlung der Wiesen-Flockenblume in Remscheid
Saatgutaufreinigung
Gesammeltes Saatgut in verschiedenen Aufreinigungsstadien
Saatgut pikieren
Jungpflanzen werden aus Saatschalen in Multitopfplatten pikiert
stellaria graminea, alte Gärtnerei
Zwischenvermehrung in der alten Stadtgärtnerei Solingen
Anzucht Gewächshaus Wesseling
Anzucht von Kuckucks-Lichtnelke und Wiesen-Flockenblume in einem Gewächshaus bei Wesseling
Feld mit Wiesen-Margerite auf dem Betrieb Courth in Köln
Feld mit Wiesen-Margerite auf dem Betrieb Courth in Köln
 
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